Blutegeltherapie

Die Blutegeltherapie gehört zu den sogenannten ausleitenden Heilverfahren. Hierbei steht die Beseitigung von lokalen Fülle-, Stauungs- und Schmerzzuständen aufgrund eines Blut – und Lymphödems im Vordergrund.  

Dies wird mit Hilfe von an der Hautoberfläche angesetzten Blutegeln (Hirudo medicinalis officinalis) erreicht. Zusätzlich werden durch die Injektion von Blutegelwirkstoffen auch spezielle antiphlogistische (entzündungshemmende) und analgetische (schmerzlindernde), sowie das Milieu der bindegewebigen Grundsubstanz verbessernde Effekte postuliert.

Blutegel (Hirudo medicinalis officinalis) wurden schon seit Jahrtausenden zu medizinischen Zwecken verwendet. Durch die maßlose Anwendung vor allem im Frankreich der letzten Jahrhunderte verschwanden die Blutegel und mit ihnen die Methode der Blutegeltherapie vorübergehend fast vollständig aus Mitteleuropa.

Heute gewinnt die Blutegeltherapie nicht zuletzt durch neuere Forschungsarbeiten in der Unfallchirurgie (z.B. Replantationschirurgie), venösen Erkrankungen (z.B. oberflächlichen Venenentzündungen) und bei Erkrankungen des Bewegungsapparates (z.B. Kniegelenksarthrose) wieder zunehmend an Bedeutung. Die heute verwendeten Blutegel werden meist in Zuchtanstalten kultiviert  und dürfen aus hygienischen Gründen nur einmal verwendet werden.


Hauptindikationen

Erkrankungen des Bewegungsapparats:

schmerzhafte Gelenkarthrosen, v.a. Kniegelenksarthrosen, Sprunggelenks-arthrosen, rheumatische Erkrankungen.

Venöse Erkrankungen:

akute Thrombophlebitis, variköser Symptomenkomplex, post-thrombotisches Syndrom (mit begleitenden Stauungsschmerzen)

Sonstige Indikationen:

Herpes Zoster (Gürtelrose), akute und chronische Otitis media (Mittelohr- Entzündung), arterielle Hypertonie bei erhöhtem Hämatokrit, Hämorrhoidal- Syndrom und (Peri-) Analthrombose, akuter Gichtanfall, akute und chronische Osteomyelitis, Hämochromatose (als Aderlass), Wundheilungsstörungen durch postoperativen Lymph- und venösen Rückstau in der Traumatologie (z.B. Handchirurgie) und plastischen Chirurgie.


Kontraindikationen
(Wann darf eine Blutegeltherapie nicht angewendet werden)

  • Hämorrhagische Diathesen bzw. Hämophilie (“Bluterkrankheit”), sowie Blutgerinnungsstörungen durch Medikamente (z.B. Marcumar®, Xarelto®, Comadin®) oder verminderten Blut-plättchen (Thrombozytopenie) u.a.
  • Hauterkrankungen an der Applikationsstelle
  • Akute Magen- oder Darmgeschwüre
  • Deutliche Blutarmut (Anämie, Hb unter 10 g/dl)
  • Erheblicher Immunschwäche (AIDS, Chemotherapie, etc.)
  • Schwere chronische Erkrankungen (Krebserkrankungen im fort-geschrittenen Stadium, langjährige Dialyse bei Nierenerkrankungen, etc.)
  • Fortgeschrittene periphere Gefäßerkrankungen (pAVK ab Stadium III)
  • Ausgeprägten Wundheilungsstörungen (z.B. bei schlecht eingestelltem Diabetes mellitus, erheblichem Übergewicht, etc.)
  • Bekannte Allergien gegen Blutegel-Inhaltsstoffe (Hirudin, Histamin, etc.)


Relative Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

-Bei Neigung zu überschießender Narbenbildung (Keloid-Bildung) keine Anwendung an gut sichtbaren Körperstellen

-Aspirin® sollte 5-10 Tage vor einer Blutegeltherapie nach Rücksprache mit dem Arzt nicht eingenommen werden

Der Biss eines Blutegels ist nicht sonderlich schmerzhaft. Allenfalls werden die Bisse wie “Brennesselstiche”, Insektenstiche, leichtes Ziehen oder als “Spritzeneinstich” beschrieben. Das ist auch logisch, denn der kleine Sauger hat in der freien Natur wenig Interesse daran bemerkt und abgeschüttelt zu werden.

Der Blutegelspeichel enthält einen einzigartigen Wirkstoffcocktail aus ca. 30 verschiedenen Substanzen (u.a. Hirudin, Calin, Hyaluronidase, Eglin, Apyrase, Kollagenase, Destabilase, Hämentin, Orgelase) von denen allein eine histaminähnliche Substanz im weiteren Verlauf zu einem leichten “Heiljucken” wie bei einem “Mückenstich” führen kann.

  • Ausgeprägte Blutung (verlängerte und starke Nachblutung)
  • Juckende Hautrötung um die Bissstellen (allergisch oder allergie-ähnlich)
  • Wundinfektion (z.B. Erysipel)
  • Vorübergehender Gelenkerguss, lokale Schwellung, oder regionale Lymphknotenschwellung.
  • Pigmentstörungen, Vernarbungen an der Bissstelle, kleine Papel an der Bisstelle