Mistel-Therapie

Bereits im Altertum hat die Mistel eine mythologische Bedeutung und wird als Heilpflanze eingesetzt. Als Heilmittel bei Krebserkrankungen wurde sie mehr als 80 Jahre lang zunächst nur in der Anthroposophischen Medizin eingesetzt. Seit den 70-er Jahren des letzten Jahrhunderts kann die naturwissenschaftliche Medizin wesentliche Inhaltsstoffe der Mistel zunehmend analysieren und in ihren Einzelwirkungen untersuchen. Zunächst wurden die Mistel-Lektine und deren Wirkung auf viele Bestandteile des Immunsystems entdeckt. In den folgenden Jahren wurden zahlreiche weitere Inhaltsstoffe isoliert und in ihrer biochemischen Struktur aufgeklärt. Unter anderem die Visko-Toxine, die, zumindest in höheren Konzentrationen, direkt zytotoxische und zytostatische Wirkungen haben. Dabei werden, anders als bei den meisten Zytostatika der konventionellen Medizin, zwar Tumorzellen getroffen, aber normale Körperzellen kaum oder gar nicht beeinträchtigt.

Durch die Vielzahl von Laboruntersuchungen und klinische Studien, die weitaus überwiegend eine positive Wirkung, vor allem die Verbesserung der Lebensqualität, der Mistelextrakte bestätigen, gewinnt die Misteltherapie im Bereich der konventionellen Medizin an Bedeutung.


Botanik

  • Sie wächst auf anderen Pflanzen, nämlich Bäumen, statt auf der Erde.
  • Sie benötigt zur Verbreitung Tiere, nämlich Vögel (Misteldrossel, Kleiber), die die Beerenschalen aufpicken.
  • Sie wächst, blüht und trägt Früchte im Gegensatz zu anderen Pflanzen mitten im Winter.
  • Ihr Wachstum richtet sich weder nach der Schwerkraft noch nach dem Lichteinfall, so dass die kugelige Gestalt entstehet..
  • Auch die Bildung des grünen Blattfarbstoffes Chlorophyll ist nicht vom Licht abhängig, sondern findet sich sogar im Innern der Stängel. Ebenso welken die Blätter vor dem Abfallen nach 3 Jahren nicht.
  • Blätter entstehen erst im 2. Jahr, Sie haben keine unterschiedliche Ober- und Unterseite und sind nur von wenigen gradlinigen Leitbahnen durchzogen.
  • Statt der sonst für Pflanzen typischen Wurzeln, die ihre z.T. enorme Kraft mit einer ständig an der Oberfläche absterbenden Zellschicht “erkaufen”, hat die Mistel nur “Senker” im Holz des Baumes, die diesem Absterbe-prozess” nicht unterliegen.

Bei Analyse der auf dem Markt erhältlichen Präparate zeigt sich, dass die “modernen” phyto-therapeutischen, auf Mistel-Lektin normierten Präparate, außer den Lektinen kaum noch etwas der anderen Mistel-Inhaltsstoffe enthalten. Da aber inzwischen von zahlreichen dieser anderen Inhaltsstoffe Wirkungen bekannt sind, die für die Tumorbekämpfung von Bedeutung sein können, setzen wir bevorzugt die Extrakte aus der ganzen Mistel ein, obwohl hierbei nur der Herstellungsprozess sehr gut standardisiert  ist, nicht jedoch die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe. Wir setzen die Mistel auf der Basis moderner naturwissenschaftlicher experimenteller und klinischer Forschung ein. Aus unserer Sicht sind die Verbesserung der Lebensqualität (Leistungsfähigkeit, Appetit, Schlaf, Stimmung), bei tumorbedingten Schmerzen die Verringerung derselben und die Verringerung der Nebenwirkungen von Chemo- und Strahlentherapie für alle Mistelpräparate gut belegt. Für die Extrakte aus der ganzen Mistel gibt es zumindest bei mehreren Tumorarten bereits Hinweise auf eine Verzögerung des Auftretens von Metastasen und eine mögliche Lebenszeitverlängerung.


Anwendung

Schon seit Beginn des Einsatzes in der Krebsbehandlung wurde die Mistel nur injiziert. Heute wissen wir, dass die für die Krebsbehandlung relevanten Inhaltsstoffe der Mistel biochemisch so aufgebaut sind, dass sie bei der Passage im Verdauungstrakt zerstört würden.
In der Regel wird die Mistel unter die Haut (subkutan) injiziert.
Daneben haben wir in besonderen Fällen gute Erfahrungen mit der Gabe hoch dosierter Mistel-Infusion in das Venensystem und mit der Injektion z.B. in tumorbedingte Flüssigkeitsansammlungen in der Rippenfellhöhle (intra-pleural) oder im Bauchraum (intraperitoneal).


Dosierung

Die neueren Lektin-normierten Präparate werden in konstanter festgelegter Dosierung gegeben, die so bemessen ist, dass der Patient davon selten etwas merkt. Die anthroposophischen Präparate aus der ganzen Mistel werden in der Regel individuell nach Wirkung dosiert. Dabei zeigt eine Hautrötung (1-5cm Durchmesser) die erwünschte Wirkung u.a. auf das Immunsystem an. Weitere Anzeichen für eine wirksame Dosierung können ein leichtes Ansteigen der durchschnittlichen Körperkerntemperatur sowie die Wiederherstellung der natürlichen Temperatur-Tages-Rhythmik sein.
Zusätzlich erfolgt die Dosierung dabei ebenfalls rhythmisch, d.h. das Immunsystem wird nicht ständig mit der Höchstdosis stimuliert, sondern es gibt zwischenzeitlich bewusste Phasen mit reduzierter Dosierung.


Nebenwirkungen

Eine Hautrötung (erwünscht 1-5 cm Durchmesser) zeigt die erwünschte Wirkung u.a. auf das Immunsystem an und ist keine Nebenwirkung. Ebenso wenig wie ein leichter Anstieg der Körpertemperatur. Es kann zu vorübergehenden kurzzeitigen grippeartigen Symptomen kommen. In seltenen Fällen sind Allergien möglich – in unserem Patientengut war bisher deshalb allerdings noch nie ein Abbruch der Mistelbehandlung nötig.


Dauer

Langfristig – beispielsweise zeigt die Studienlage, dass bei Brustkrebs die Rezidiv-raten erst ab einer Mindestanwendungsdauer von 3 Jahren sinken und nach mindestens 6-jähriger Anwendung noch geringer sind.


Kostenübernahme

Heute erstatten die meisten Krankenkassen die Kosten der Misteltherapie, wenn sie auf Kassenrezept mit Angabe der Diagnose verordnet wird. Die “modernen” lektin-normierten Präparate sind nur in der Palliativsituation zur Verbesserung der Lebensqualität erstattungsfähig, während die anthroposophischen Extrakte aus der ganzen Mistel auch adjuvant, d.h. zur Verringerung des Rezidiv-Risikos, verordnet werden können.